Experteninterview: TASSO e.V. warnt vor den Folgen von Haustieren als Weihnachtsgeschenke

Experteninterview: TASSO warnt
Quelle: Canva

In der aktuellen Weihnachtszeit widmen wir uns einem wichtigen Thema: dem Schenken von Haustieren zu Weihnachten.

Wir führen ein Gespräch mit Sonja Slezacek, Pressereferentin von TASSO e.V. mit Herzblut. Der Verein setzt sich nicht nur für das Auffinden und Zurückbringen entlaufener Tiere ein, sondern engagiert sich auch generell für Tiere in Not.

Sonja Slezacek gewährt uns tiefe Einblicke in die Problematik des Verschenkens von Haustieren, die damit verbundenen Auswirkungen auf das Wohl der Tiere und die Herausforderungen, die sich dadurch für Tierschutzvereine ergeben.

In diesem Interview lernst du, warum ein Haustier als Geschenk problematisch ist und wie diese Praxis vermieden werden kann.


Was sind die wichtigsten Gründe, warum TASSO davon abrät, Tiere zu Weihnachten zu verschenken?

Sonja Slezacek: Leider denken immer noch viele Menschen, dass eine tierische Bescherung eine gute Idee sei und so landen Jahr für Jahr etliche Hunde, Katzen und kleine Heimtiere unter dem Weihnachtsbaum. Oft sind es unüberlegte Spontankäufe und nicht selten werden die Tiere später aufgrund von Überforderung, Zeitmangel, Desinteresse oder finanziellen Engpässen vernachlässigt, im Tierheim abgegeben oder gar ausgesetzt. Bei Kindern stehen oftmals niedliche Welpen, Kitten oder vermeintlich pflegeleichte Kaninchen oder Meerschweinchen ganz oben auf der Wunschliste. So groß die anfängliche Begeisterung der Kinder über den neuen „Spielgefährten“ auch sein mag, die regelmäßigen Gassirunden mit dem Hund oder das Saubermachen des Katzenklos können sie schnell überfordern und sie verlieren das Interesse. Prinzipiell müssen sich Eltern darüber im Klaren sein, dass die Hauptverantwortung für das Tier und die damit verbundenen Pflichten immer bei ihnen liegen. Aber auch bei Erwachsenen kann eine tierische Weihnachtsüberraschung unter dem Baum zum Streitpunkt werden. Gerade dann, wenn die Partner sich nicht vorher abgesprochen haben, die Lebenssituation nicht passt, die finanziellen Mittel nicht vorhanden sind oder das Tier einfach nicht gewollt wurde.


Kannst du spezifische Beispiele nennen, wie sich das Verschenken von Tieren negativ auf ihr Wohlergehen auswirkt?

Sonja Slezacek: Ganz egal, ob Hund, Katze oder kleines Heimtier, sie alle haben Recht auf ein artgerechtes Leben. Zur verantwortungsvollen Tierhaltung gehört es dazu, für ihre Unversehrtheit und ihr Wohlergehen zu sorgen. Die Vernachlässigung eines Tieres oder die Abgabe im Tierheim haben oftmals traumatische Auswirkungen auf das Tier. Verhaltensauffälligkeiten bis hin zu körperlichen Erkrankungen können die Folge sein. Häufig werden auch gerade kleine Heimtiere wie bspw. Meerschweinchen oder Kaninchen verschenkt, da sie als besonders pflegeleichte Tiere gelten, die wenig Platz beanspruchen und tolle Kuschelpartner sind. All diese Annahmen sind falsch. Aufgrund der Unwissenheit fristen die Tiere oftmals ein trauriges Leben im Käfig. Meerschweinchen und Kaninchen haben zudem einen starken Fluchtinstinkt. Sie werden in der Regel nicht gerne auf den Arm genommen oder festgehalten. Da sie sich aber nur selten wehren und häufig still leiden, werden ihre Ängste schnell mal übergangen. Ganz wichtig: Es sind soziale Tiere, die sich in Einzelhaltung wie in Isolierhaft fühlen. Damit die Tiere glücklich sind, brauchen sie Artgenossen um sich herum. Eine Einzelhaltung führt zu Vereinsamung und häufig zu gesundheitlichen Problemen und Verhaltensstörungen.


Welche Maßnahmen empfiehlt TASSO, um das unüberlegte Verschenken von Tieren zu verhindern?

Sonja Slezacek: Wir können immer wieder nur an die Vernunft der Menschen appellieren: Tiere sind kein Weihnachtsgeschenk! Sie beanspruchen nicht nur viel Zeit und Wissen, sondern kosten auch viel Geld – ein Tierleben lang. Grundsätzlich sollte die Anschaffung eines tierischen Familienmitglieds wohlüberlegt sein. Tierinteressierte übernehmen die Verantwortung für ihren Vierbeiner. Abgesehen von den vielen schönen Momenten mit dem Tier, kommen auch eine Vielzahl an Verpflichtungen auf die neuen Tierhalter und Tierhalterinnen zu. Verantwortungsvolle Tierhaltung geht mit vielen Aspekten einher. Dazu gehören in erster Linie eine artgerechte Ernährung, ausreichend Bewegung und Beschäftigung. Wichtig ist, die individuellen Bedürfnisse eines Tieres zu kennen und darauf einzugehen. Hunde nehmen in der Regel mit ihren Menschen am sozialen Leben auch außerhalb der eigenen vier Wände teil. Um dies selbstbewusst und gelassen meistern zu können, hat man als Halter:in die Aufgabe, den Vierbeiner darauf vorzubereiten, was durchaus Zeit und Geduld erfordert. Ob Freigänger oder Wohnungskatze, Katzen sind soziale Tiere, die Aufmerksamkeit und Zuneigung benötigen. Auch die Haltung von kleinen Heimtieren wie beispielsweise Kaninchen oder Meerschweinchen erfordert besondere Kenntnisse. Für ein artgerechtes Leben benötigen sie viel Auslauf, Rückzugsorte, einen individuellen Speiseplan und vor allem andere Artgenossen. Häufig wird auch der finanzielle Aspekt unterschätzt: Neben den Ausstattungskosten und Futter, müssen Tierhalter und Tierhalterin auch an die medizinische Versorgung ihres tierischen Begleiters denken. Zu den planbaren Tierarztkosten für Impfung und Entwurmung können auch schnell unvorhergesehene und sehr hohe Kosten bei akuten und chronischen Erkrankungen oder Unfällen hinzukommen.

Zudem können Impulskäufe den illegalen Welpenhandel befeuern, denn auf jeden gekauften Welpen folgt ein neuer nach. Im Internet werden niedliche Welpen mittlerweile wie Massenware angeboten. Oft reicht ein Klick, ein kurzer Anruf und die Übergabe des Tieres erfolgt binnen kürzester Zeit. So einfach der Tierkauf ist, so groß ist auch oft das Tierleid, das damit einhergeht. Ein seriöser Züchter und das Tierheim möchten u.a. auch wissen, in welche familiären und häuslichen Verhältnisse das Tier kommt. Werden keine Fragen gestellt, geht es meist nur ums Geldverdienen. Wir raten daher dringend auch von Kleinanzeigen und auffälligen Schnäppchen-Käufen ab.


Welche Botschaft möchtest du an Menschen richten, die erwägen, ein Tier zu Weihnachten zu verschenken?

Sonja Slezacek: Weihnachten ist grundsätzlich ein schlechter Zeitpunkt. Es herrscht sehr viel Trubel, Verwandte oder Freunde kommen zu Besuch, teilweise ist es laut und hektisch. Für den tierischen Zuwachs bedeutet das oftmals eine absolute Reizüberflutung und Stress. Gerade zu Beginn ist für das Tier alles neu und ungewohnt, es sollte erst einmal in Ruhe im neuen Zuhause ankommen und seine Menschen und die Umgebung in entspannterer Atmosphäre kennenlernen. Wenn nach den Feiertagen wieder mehr Ruhe eingekehrt ist, mit allen Beteiligten gesprochen wurde und der Entschluss für den tierischen Zuwachs immer noch feststeht, empfiehlt TASSO tierlieben Menschen sich an einen seriösen Züchter zu wenden oder besser gleich den Weg ins Tierheim zu wählen. In örtlichen Tierheimen oder auch im Online-Tierheim shelta, das von TASSO ins Leben gerufen wurde, warten tausende Tiere auf ein liebevolles Zuhause.


Wie beeinflusst das Verschenken von Tieren während der Weihnachtszeit die Anzahl der Registrierungen und die damit verbundenen Herausforderungen für das Heimtierregister TASSO? Kannst du Angaben machen, beispielsweise zur Veränderung der Registrierungszahlen von Tieren, die nach den Feiertagen als vermisst gemeldet oder zurückgebracht werden?

Sonja Slezacek: Im Januar sind die Registrierungszahlen im Schnitt etwas höher als in den meisten anderen Monaten, eine dramatische Steigerung können wir jedoch nicht feststellen. Die Steigerung kann zudem viele Gründe haben: Das Tier wurde bereits vor längerer Zeit aufgenommen, aber erst im Januar registriert. Die Tierinteressierten können sich auch die Anschaffung des Tieres wohl überlegt haben, bevor sie es im Januar aufgenommen und registriert haben. Die Möglichkeit besteht auch, dass das Tier schon lange im Haushalt lebt, an Silvester entlaufen ist und die Registrierung zusammen mit der Vermisstenmeldung nachgeholt wurde. Sicherlich werden jedoch auch unter den im Januar registrierten Tieren ein paar dabei sein, die unüberlegt als Geschenk unter dem Weihnachtsbaum gelandet sind.


An Silvester und Neujahr herrscht bei TASSO immer Ausnahmezustand. Das steht jedoch nicht im Zusammenhang mit der Weihnachtszeit.

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