Interview: VIER PFOTEN mahnt zur Vorsicht – Die verborgene Not von Tieren als Weihnachtsgeschenke

Quelle: Depositphoto.com
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Während der festlichen Weihnachtszeit ist es von großer Bedeutung, ein ernstes Thema zu beleuchten: Die Gabe von Haustieren als Weihnachtsgeschenke.

Wir sprechen mit Karina Omelyanovskaya, Kampagnenverantwortliche bei VIER PFOTEN, einer namhaften Organisation, die international im Tierschutz tätig ist.

Karina Omelyanovskaya gibt wertvolle Einblicke in die Problematik der Tiergeschenke, deren Einfluss auf das Wohlbefinden der Tiere und die sich daraus ergebenden Schwierigkeiten für Tierschutzorganisationen und -vereine.

Erfahre in diesem Gespräch, weshalb ein Haustier kein geeignetes Geschenk darstellt und wie man dieser Praxis entgegenwirken kann.


Was sind die wichtigsten Gründe, warum die VIER PFOTEN Tierschutzorganisation davon abrät, Tiere zu Weihnachten zu verschenken?

Karina Omelyanovskaya: Ein Tier ist kein Spielzeug; vielmehr handelt es sich um ein lebendiges, empfindungsfähiges Wesen mit individuellen Bedürfnissen, die sich je nach Art und Rasse unterscheiden. Neue Halter:innen sollten sich langfristig dazu verpflichten, diese Bedürfnisse für die gesamte Lebensdauer des Tieres zu erfüllen – bis zu 14 Jahre für einen Hund und bis zu 20 Jahre für eine Katze. Die Überlegungen zur Anschaffung eines Heimtiers erfordern eine gründliche Planung. Man sollte sich vorher informieren, ob das Tier zu Ihrer Familiensituation und Ihrem Lebensstil passt, ob man die langfristigen Kosten für Tierarzt:in, Futter und Pflege stemmen kann. Zudem muss berücksichtigt werden, ob man das Tier in den Urlaub mitnehmen oder eine angemessene Betreuung organisieren kann. Solche Faktoren spielen eine entscheidende Rolle. Werden sie vernachlässigt, besteht die Gefahr, dass Tiere in einem Tierheim landen oder noch schlimmer, auf der Straße. Oft wird den Menschen erst nach dem Kauf bewusst, dass die Verantwortung für ein Tier weitreichender ist, und am Ende leidet das Tier darunter.


Kannst du spezifische Beispiele nennen, wie sich das Verschenken von Tieren negativ auf ihr Wohlergehen auswirkt?

Karina Omelyanovskaya: Die meist turbulenten Weihnachtstage sind definitiv kein guter Start für eine vertrauensvolle Mensch-Tier-Beziehung. Oft handelt es sich um junge Welpen und Kätzchen, die aus der Sicht vieler Menschen besonders gut als niedliches Geschenk geeignet erscheinen. Dies birgt jedoch einige Gefahren, denn auch wenn die jungen Tiere süß erscheinen mögen, benötigen sie Ruhe, Geduld und einen geregelten Tagesablauf, um sich in seinem neuen Zuhause zurechtzufinden. Dies schließt häufiges Füttern, regelmäßige tierärztliche Kontrollen, Erziehung und das Etablieren von Sauberkeitsgewohnheiten ein. Ihre Energie und Neugier erfordern zusätzliche Aufmerksamkeit, um eine sichere Umgebung zu gewährleisten. Zudem benötigen sie soziale Interaktion und Training, um sich gut in die Familie zu integrieren. Werden sie unüberlegt angeschafft, beispielsweise um ein Kind glücklich zu machen, vergeht die Euphorie oft schon nach wenigen Wochen, und die Eltern sind mit der Aufgabe überfordert. 

Besonders schlimme Auswirkungen hat ein überlegtes Kaufen auf die Schicksale der Tiere im illegalen Welpenhandel. Illegale Welpenhändler:innen haben bereits vor einigen Wochen begonnen, Welpen in Vermehrerstationen zu „produzieren“, um sie rechtzeitig für die Weihnachtsferien anonym und äußerst gewinnbringend auf den noch immer unregulierten Online-Plattformen wie Quoka.de anzubieten. Bei genügend Anfragen für einen Welpen geben die illegalen Verkäuferinnen und Verkäufer Bestellungen bei einer oder mehreren Vermehrerstationen auf. Besonders die noch immer unregulierten Online-Plattformen und sozialen Medien bieten der Welpenmafia anonymen Zugang zu vielen potenziellen Käuferinnen und Käufern. Die Anonymität macht den illegalen Handel mit den Welpen zu einem lukrativen Geschäft mit minimalem strafrechtlichen Risiko. Dabei erleiden nicht nur die Welpen, sondern auch die Muttertiere in sogenannten Vermehrerstationen, die sich oft in düsteren Kellern und unsauberen Verschlägen befinden. Die Muttertiere werden bei jeder Läufigkeit gedeckt. Die Welpen werden viel zu früh von ihren Müttern getrennt und in Kofferräumen, zu kleinen Käfigen oder unter Sitzbänken nach Deutschland und in andere EU-Länder geschmuggelt. Sie verfügen nicht über ausreichenden Impfschutz und werden nur unzureichend ernährt. Viele sterben oft schon nach wenigen Tagen aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustands.


Wie beeinflusst das Verschenken von Tieren die Kapazitäten und Herausforderungen von Tierheimen und Tierschutzvereinen nach den Feiertagen?

Karina Omelyanovskaya: Jedes Jahr berichten Tierheime von Kapazitäts- und Personalproblemen aufgrund der großen Anzahl von Tieren, die spätestens zu Beginn der Urlaubssaison abgegeben werden. In diesem Jahr waren die Tierheime sogar so überfüllt, dass sie aufgrund der Personalüberlastung und der hohen Anzahl verhaltensauffälliger und schwer vermittelbarer Tiere einen gemeinsamen Brandbrief an die Bundesregierung verschickt haben. Noch tragischer ist jedoch, wenn die Tiere ausgesetzt oder anderweitig „entsorgt“ werden, was trotz drohender Strafe immer wieder vorkommt. Das Aussetzen von Tieren wird im Strafgesetzbuch als Tierquälerei eingestuft und kann mit einer Strafe von bis zu zwei Jahren Haft geahndet werden, dennoch kommt es bedauerlicherweise immer wieder vor. 

Zusätzlich spielt auch der illegale Welpenhandel eine große Rolle. Es ist nach wie vor zu einfach, Tiere auf unregulierten Online-Plattformen anonym zu verkaufen. Besonders während der Feriensaison werden viele Tiere unüberlegt gekauft, was die illegale Produktion von Welpen weiter anheizt. Nach der Pandemie, in der die Nachfrage nach Heimtieren besonders hoch war, stieg auch die Anzahl der abgegebenen Tiere, die häufig online erworben wurden. Dies ist besonders dramatisch, da die Hunde aus dem illegalen Welpenhandel bereits in ihrem jungen Leben Schreckliches erlebt haben. Ein unsachgemäßer Umgang mit Jungtieren führt oft zu verstärkten Verhaltensauffälligkeiten, was häufig zu einer Belastung für die Halterin oder den Halter wird, und nicht selten erfolgt die Abgabe des Hundes nach kurzer Zeit.


Welche Maßnahmen empfiehlt die VIER PFOTEN Organisation, um das unüberlegte Verschenken von Tieren zu verhindern?

Karina Omelyanovskaya: Obwohl man das im Allgemeinen oft nicht vollständig verhindern kann, setzen wir uns dafür ein, die erforderliche Sachkunde für die Haltung von Hunden festzulegen. Dies würde Halter:innen dazu verpflichten, ihre Kenntnisse der zuständigen Behörde durch eine praktische und theoretische Prüfung nachzuweisen. Eine solche Maßnahme könnte dazu beitragen, die Hemmschwelle beim Verschenken zu erhöhen und grundsätzlich das Bewusstsein zu stärken, dass mit einem Tier auch eine erhebliche Verantwortung einhergeht.

Zusätzlich fordern wir im Rahmen der aktuellen Tierschutzgesetzesnovellierung eine strenge Regulierung des Online-Handels mit Tieren. Dies wäre wichtig, um Kriminellen den Zugang zu Verbraucher:innen zu verwehren und den illegalen Verkauf von Welpen zu erschweren. Auch wenn dies sicherlich das Verschenken von Tieren nicht vollständig verhindern wird, wird es dafür sorgen, dass nicht mehr so viele Tiere leichtfertig online angeboten und gekauft werden können.


Welche Botschaft möchtest du Menschen richten, die erwägen, ein Tier zu Weihnachten zu verschenken?

Karina Omelyanovskaya: Tiere sind keine Geschenke! Wer nach gründlicher Überlegung die Entscheidung zur Anschaffung eines Heimtiers getroffen hat, sollte zunächst in einem Tierheim nachsehen. Dort warten zahlreiche Vierbeiner sehnsüchtig auf ein neues Zuhause. Kaufen Sie bitte niemals ein Tier aus Mitleid und lassen Sie sich nicht auf Schnäppchen im Internet auf Online-Plattformen wie Quoka.de ein. Hinter den süßen Bildern, insbesondere für Rassewelpen, verbirgt sich oft illegaler Welpenhandel und viel Leid. Diese Tiere stammen häufig von Vermehrerstationen mit katastrophalen Haltungsbedingungen und leiden oft unter Krankheiten, die nicht selten zum Tod des Tiers führen.


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Erfahre mehr über den illegalen Welpenhandel im folgenden Video:

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