… die Löwenwelpen lebten im Kugelhagel.
Ein Seufzer der Erleichterung war zu vernehmen, als die vier Löwenjungen Prada, Taras, Stefanie und Lesya zum ersten Mal ihr neues Zuhause im The Wildcat Sanctuary in Minnesota/USA erkundeten.
Und das ist auch kein Wunder – haben die kleinen Wildkatzen doch eine wahrlich abenteuerliche und tagelange Reise hinter sich.
Denn sie sind vierbeinige Kriegsflüchtlinge und just dem andauernden Krieg in der Ukraine entkommen.
Alle Löwenwelpen sind noch jünger als ein Jahr. Wie konnten sie überhaupt in der Ukraine landen? Schließlich ist das Land definitiv nicht ihr normaler Habitat.
Um die Geschichte noch ein wenig dramatischer zu machen: Die kleinen Löwen waren Opfer von Tierhandel, im Englischen auch Pet Trafficking genannt.
Bevor der Krieg ausbrach, waren sie den Tierhändlern allerdings schon „entrissen“ und in einer Auffangstation untergebracht worden.
Der Krieg mit Russland sollte aber auch ihr Leben nachhaltig auf den Kopf stellen.
Die Löwenwelpen befanden sich gewissermaßen den ganzen Tag unter Beschuss – oder so zumindest die Station, in der sie ein vorübergehendes Zuhause gefunden hatten.
So erzählt es Tammy Thies, Geschäftsführerin des TWS in Minnesota.
Ihren Aussagen zufolge hatten die Retter der Löwenbabys oft tagelang keinen Strom – und taten dennoch alles, um das Leben der vier Welpen zu retten.
Vom Krieg ins Land der unbegrenzten Möglichkeiten
Das TWS ist spezialisiert darauf, Großkatzen international umzusiedeln – also ihnen über alle Grenzen hinweg ein neues und sicheres Zuhause zu bieten.
Einen Sonderfall stellte natürlich die Umsiedlung von der Ukraine in die USA dar – und war für das TWS damit ein bisher nie dagewesener Fall.
Zunächst reisten nur drei der Löwenmädchen von einem Ort zum nächsten – und zwar Taras, Stefania und Lesya von Odessa nach Kiew.
Dort trafen sie auf Prada, die als vierte Löwin zum Rudel dazustieß. Nach einigen Tagen Erholung in Kiew ging die Reise weiter.
Die IFAW brachte die Löwenbabys zum Ponzan Zoo in Polen. Erst von dort aus konnte die Reise in Auffangstationen und Schutzzentren in den USA und in Europa erfolgen.
Insgesamt dauerte der Trip nach Polen bereits 22 Stunden – 14 davon in einem Fahrzeug, und 8 an der Grenze zur Ukraine.
Die Reise nach Minnesota ging nach 40 Tagen weiter. So lange nämlich mussten die vier Baby-Löwen in Quarantäne in Polen verbringen.
Und dazu waren zudem mehrere sogenannte U.S. Fish and Wildlife-Dokumente nötig, die die IFAW und das TWS zusammentrugen.
Die USA geben grünes Licht – das Abenteuer geht weiter
Thies reiste nach Polen, um die Löwenwelpen auf ihrer Reise in ihr Forever Home zu begleiten.
Sie verbrachte noch einige Tage im Ponzan Zoo, wo sie unter anderem spezielle Transportboxen für die Kleinen baute und weitere wichtige Exportdokumente von Polen erhielt.
Vier Tage später kamen Thies und die Löwenbabys am Flughafen von Warschau an – nach weiteren vier Stunden Fahrt – in der Hoffnung, einen Flug nach Chicago zu erwischen.
Es folgten weitere Untersuchungen, unter anderem vom polnischen Zoll und Großtier-Veterinären, bevor die kleine Gruppe endlich das grüne Licht erhielten, Europa zu verlassen.
Auf dem zehnstündigen Flug von Polen nach Chicago konnten alle Beteiligten das erste Mal so richtig durchatmen – vor allem vor Erleichterung.
Denn bis alle sicher im Flugzeug untergebracht waren, hatten alle Menschen Restzweifel, ob die Rettung überhaupt funktionieren würde.
Und wie erlebten die Löwenwelpen den 10-Stunden-Flug? Wie wohl jeder, der schon einmal einen Transatlantik-Flug hinter sich gebracht hat. Mit jeder Menge Schlaf.
Und der war auch bitter nötig. Denn nach der Landung in Chicago folgten schon wieder Untersuchungen, diesmal vom U.S. Fish and Wildlife Service und erneut vom US-amerikanischen Zoll.
Erst dann durften die vier Löwen endlich den letzten Teil ihrer Reise antreten – eine siebenstündige Fahrt ins The Wildcat Sanctuary.
Und selbstverständlich hatte es auch dieser Reiseabschnitt in sich – denn es regnete, schneite und windete.
Das Forever Home im The Wildcat Sanctuary
Es war Mitternacht, als die Löwenwelpen endlich im TWS ankamen – geschätzte 36 Stunden, nachdem sie die Ukraine verlassen hatten.
Wie Tierbabys so sind, waren sie aber vor allem neugierig auf ihre neue Umgebung, die sie ausgiebig erkundeten.
Und obwohl sie in einer völlig fremden Umgebung angekommen waren, lebten sie sich hier erstaunlich schnell ein.
Kein Wunder vielleicht, wenn man ihre turbulente und mit Sicherheit auch traumatische Vergangenheit mit in Betracht zieht.
Thies erzählt, dass die Löwenbabys total furchtlos und anpassungsfähig sind. Außerdem haben sie sich gegenseitig als Support und Stütze – und das hat zu ihrem Selbstbewusstsein beigetragen.
Seit ihrer Ankunft im TWS sind die kleinen Löwen regelrecht aufgeblüht – und damit auch ihre Persönlichkeiten.
So ist Taras eine neugierige Katze, die gerne klettert. Prada dagegen ist die größte Löwin, dafür aber auch sehr nervös.
Lesya ist die kleinste von allen und kompensiert diese Tatsache mit einem hohen „Sprechvolumen“ – sie ist eine kleine Quasselstrippe.
Stefania wiederum sorgt dafür, dass der Haussegen in der Löwengruppe niemals schief hängt.
In einem Facebook-Post schrieb Thies: „Es ist so niedlich, wie sie nach ihrer großen Schwester schaut!“
Natürlich haben die vier Löwenmädchen nun ein warmes Zuhause. Dennoch sind sie am liebsten draußen im Pride Prairie-Gehege unterwegs. Und zwar lustigerweise dann, wenn es schneit.
Die vier Löwinnen werden ihr gesamtes Leben im TWS verbringen. Hier werden sie all die Liebe und Zuneigung erhalten, die sie für die nächsten 20 Jahre und mehr brauchen und mehr als verdient haben.
Übrigens kostet der Unterhalt einer Löwin pro Jahr etwas mehr als 11.000 € – aber diese Kosten werden auf jeden Fall aufgewogen, wenn man die vier dabei beobachtet, wie sie endlich ein glückliches und sorgenfreies Leben fernab jeglichen Kriegstrubels leben können.