Gibt es Listenhunde in Thüringen? Wie entscheidet das Bundesland, ob ein Hund gefährlich ist, und welche Auflagen müssen die Halter gefährlicher Hunde in Thüringen erfüllen?
In diesem Beitrag findest du die Antworten und viele weitere spannende Informationen zur Hundegesetzgebung in Thüringen.
Inhaltsverzeichnis
ToggleWelche Hunderassen gelten in Thüringen als Listenhunde?
Es gibt keine Listenhunde und deshalb auch keine Meldepflicht und keine gesonderte Hundesteuer für Listenhunde in Thüringen.
Im Jahr 2018 hat sich das Bundesland vollständig von der rassespezifischen Gesetzgebung verabschiedet.
Vor dem maßgeblichen Thüringer Gesetz zum Schutz der Bevölkerung vor Tiergefahren sind alle Hunderassen gleich.
Thüringen ist allerdings vom deutschlandweit geltenden Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetz betroffen. In diesem Gesetz heißt es im § 2:
„Hunde der Rassen Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier, Bullterrier sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden dürfen nicht in das Inland eingeführt oder verbracht werden.“
Nur in diesem Sinne gibt es Listenhunde in Thüringen.
Gefährliche Hunde in Thüringen
Die Gefährlichkeit eines Hundes wird in Thüringen unabhängig von seiner Rasse bestimmt und dabei ausschließlich aus seinem Verhalten im Einzelfall abgeleitet.
Die folgenden Formen von Gefährlichkeit sind gesetzlich erfasst:
- Der Hund hat eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust oder Schärfe entwickelt.
- Der Hund hat einen Menschen gebissen, und dies geschah nicht als Verteidigung gegen eine strafbare Handlung oder aus dem elementaren Selbsterhaltungstrieb des Hundes heraus.
- Der Hund hat ein Tier gebissen, ohne selbst angegriffen worden zu sein.
- Der Hund hat einen anderen Hund trotz dessen offensichtlich erkennbarer artüblicher Unterwerfungsgestik gebissen und nicht nur geringfügig verletzt.
- Der Hund hat außerhalb des befriedeten Besitztums des Halters wiederholt in aggressiver oder Gefahr drohender Weise Menschen angesprungen.
- Der Hund hat außerhalb des befriedeten Besitztums des Halters wiederholt ein anderes aggressives Verhalten gezeigt, das nicht dem elementaren Selbsterhaltungstrieb des Hundes entspringt.
- Der Hund hat durch sein Verhalten gezeigt, dass er Vieh, Katzen oder Hunde sowie unkontrolliert Wild hetzen oder reißen will.
Wesenstest zur Feststellung oder Widerlegung der Gefährlichkeit
Die rechtliche Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes erfolgt durch einen auf Kosten des Halters durchgeführten Wesenstest.
Dieser Wesenstest gibt dem Halter zugleich die Möglichkeit, die vermutete Gefährlichkeit zu widerlegen und ein sozialverträgliches Verhalten des Hundes zu beweisen.
Der Wesenstest gliedert sich in drei Abschnitte:
- Testdurchführung auf einem Übungsgelände
- Spaziergang durch einen mit Fußgängern belebten Innenstadtbereich
- Beurteilung des Hundes in der häuslichen Umgebung des Halters
In der Anlage 2 der Thüringer Verordnung über die Prüfungsstandards und die Durchführung des Wesenstests kannst du dir die Ausgestaltung der drei Abschnitte im Detail ansehen.
Besteht ein Hund den Wesenstest nicht, dann gilt er als gefährlich und unterliegt besonderen Vorschriften für gefährliche Hunde in Thüringen.
Eine Wiederholung des Tests ist frühestens nach neun Monaten möglich. Ein bestandener Test bedeutet, dass die Vorschriften für gefährliche Hunde nicht zur Anwendung kommen.
Welche Vorschriften gelten für gefährliche Hunde in Thüringen?
Die Haltung eines gefährlichen Hundes unterliegt in Thüringen der Erlaubnispflicht. Damit diese erteilt wird, müssen die folgenden Bedingungen erfüllt sein:
- Der Halter ist volljährig.
- Der Halter verfügt über die erforderliche Sachkunde.
- Der Halter verfügt über die erforderliche Zuverlässigkeit.
- Der Halter weist den Abschluss einer Haftpflichtversicherung für den Hund nach.
- Der Hund ist elektronisch gekennzeichnet (Chippflicht).
Bei der Neuanschaffung eines gefährlichen Tieres muss ein besonderer wissenschaftlicher oder beruflicher Bedarf nachgewiesen werden.
Diese Anforderung betrifft vor allem Tiere einer wildlebenden Art. Man darf sich zum Beispiel nicht einfach einen Tiger anschaffen.
Für Hunde ist die Anforderung nur relevant, wenn sich der Halter einen Hund neu anschaffen möchte, der bereits aufgrund seines Verhaltens als gefährlich eingestuft wurde.
Es besteht aber auch dann die Möglichkeit, die Gefährlichkeit durch einen neuen Wesenstest zu widerlegen, wenn seit der Feststellung der Gefährlichkeit neun Monate vergangen sind.
Sachkundenachweis des Halters
Die für die Haltung eines gefährlichen Hundes erforderliche Sachkunde kann der Halter durch das Ablegen einer Sachkundeprüfung nachweisen.
Der Nachweis gilt nicht allgemein, sondern nur für den Hund, mit dem der Halter die Sachkundeprüfung ablegt.
Die Prüfung gliedert sich in einen theoretischen und einen praktischen Teil. Im theoretischen Teil werden Kenntnisse in diesen Bereichen abgefragt:
- Sozialverhalten und Ausdrucksformen des Hundes sowie rassespezifische Eigenschaften
- Haltung, Ernährung sowie allgemeine Pflege und Hygiene von Hunden
- Erkennen und Beurteilen einer typischen Gefahrensituation mit Hunden
- Erziehung und Ausbildung von Hunden
- rechtliche Grundlagen für den Umgang mit Hunden
Der praktische Teil umfasst Gehorsamkeitsübungen, Handlingsübungen und Führen des Hundes.
💡Tipp
Wenn du bereits in einem anderen Bundesland eine Sachkundeprüfung mit deinem Hund abgelegt hast, kann diese in Thüringen unter Umständen anerkannt werden. Ob das der Fall ist, hängt vom Bundesland und den dort geltenden Prüfungsstandards ab.
Zuverlässigkeit des Halters
Wer keine Straftaten begangen hat, gilt als zuverlässig, wenn diese weiteren Bedingungen erfüllt sind:
- keine Abhängigkeit von Alkohol, Drogen oder Arzneimitteln
- fester Wohnsitz
- kein gesetzliches Betreuungsverhältnis aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen Behinderung
💡Interessant
Nicht jede begangene Straftat bedeutet automatisch, dass der Halter nicht zuverlässig ist. Die Details findest du an entsprechender Stelle im Thüringer Gesetz zum Schutz der Bevölkerung vor Tiergefahren.
Welche Auflagen müssen gefährliche Hunde in Thüringen erfüllen?
Wer die Erlaubnis für die Haltung eines gefährlichen Hundes erlangt hat, der muss auf den Hund an jedem Zugang des eingefriedeten Besitztums oder der Wohnung aufmerksam machen.
Wird der Hund länger als eine Woche der Obhut einer anderen Person überlassen, dann sind die Behörden unter Angabe des Namens und der Anschrift dieser Person in Kenntnis zu setzen.
Der Wohnungswechsel des Halters oder das Abhandenkommen des Hundes ist ebenfalls zu melden.
Die Zucht und Vermehrung von Hunden, die als gefährlich eingestuft wurden, ist verboten.
Das Führen gefährlicher Hunde in Thüringen
Einen gefährlichen Hund darf außerhalb des Grundstücks nur führen, wer dazu körperlich in der Lage ist und die Kriterien für Zuverlässigkeit erfüllt. Des Weiteren gelten diese Auflagen:
- keine gleichzeitige Führung eines weiteren Hundes
- Führung an einer nicht mehr als zwei Meter langen Leine (kein Leinenzwang auf umzäunten Hundeauslaufgebieten)
- Maulkorbpflicht für gefährliche Hunde ab dem sechsten Lebensmonat
- Mitführen der behördlich ausgestellten Haltungserlaubnis
Ausnahmen
Die Vorschriften für gefährliche Hunde im Sinne des Thüringer Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung vor Tiergefahren gelten nicht für diese Hunde:
- Diensthunde von Behörden
- Hunde des Rettungsdienstes
- Hunde des Katastrophenschutzes
- Blindenführhunde
Behindertenbegleithunde, Herdengebrauchshunde und brauchbare Jagdhunde sind von der Anleinpflicht entbunden, solange sie ihre bestimmungsgemäße Aufgabe erfüllen.
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